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Donnerstag, 2. August 2018

Monopoly

Nach vielen Jahren Pause habe ich vor einer Weile mal wieder eine Runde Monopoly gespielt. Und genauso wie schon bei den vielen früheren Partien in meiner Kindheit und Jugend habe ich mich darüber geärgert, wie unfair dieses Spiel ist. Okay, mir ist schon klar, dass es bei Monopoly genau darum geht: Kapitalismus ist eine extrem unfaire Geschichte, und die Legende, jeder hätte im Leben die gleichen Chancen, bricht in sich zusammen, sobald man sich bewusst macht, dass das - wenn überhaupt - nur bei gleichen Ausgangsbedingungen der Fall sein kann.


Bei Monopoly jedenfalls stehen die Ausgangsbedingungen im Normalfall nach 1-2 Runden weitgehend fest, und sie sind nach meiner Erfahrung in den seltensten Fällen fair. Die Welt der Spieler teilt sich grob betrachtet in zwei Gruppen auf: Die eine Gruppe hat das Recht, Häuser zu bauen, die andere hat dieses Recht nicht und damit auf lange Sicht keine Chance. Der Grund dafür ist die (durch die Würfel-Ergebnisse der ersten Runden bedingte) zufällige Verteilung der Grundstücke, nach welcher nur manche Spieler ganze Straßenzüge besitzen. Der Besitz ganzer Straßenzüge wiederum ist bei Monopoly Voraussetzung dafür, überhaupt Häuser bauen zu dürfen. Wer diese Voraussetzung nicht erfüllt, ist gezwungen, sie per Tauschhandel doch noch zu erreichen - allerdings ist er oder sie dafür in einer miserablen Verhandlungsposition.

Trotz der Gefahr, dadurch die symbolische Botschaft von Monopoly zu unterminieren, habe ich ein paar Vorschläge für Regelanpassungen, mit denen sich die Spannung des Spiels möglicherweise steigern lässt.

Regel-Änderung 1: Bauen ist immer erlaubt, also auch ohne, dass der Spieler den gesamten Straßenzug besitzt. Allerdings gilt weiterhin die Vorschrift der "gleichmäßigen Bebauung", jedoch so, dass eine Abweichung von einem Haus erlaubt ist.

Beispiel: Spieler A besitzt die Elisentraße, aber nicht die Chausseestraße und die Poststraße. Er darf 1 Haus auf die Elisenstraße bauen. Steht auf der Chausseestraße und der Poststraße auch schon jeweils 1 Haus, darf er sogar 2 Häuser bauen.

In ähnlicher Form findet sich diese Änderung auch in den "Nichtoffiziellen Varianten der Spielregeln" (Wikipedia): "Man erlaubt den Spielern, Häuser auf eigene Straßen zu bauen, ohne zuvor alle Straßen dieser Farbe besitzen zu müssen. Auch so kann der Handel zwischen den Spielern umgangen werden. Eine weitere Variante sieht in diesem Fall eine Beschränkung auf 2 Häuser vor." Mit meinem Vorschlag bleibt jedoch (ähnlich wie bei der 2-Häuser-Beschränkung) erhalten, dass der Besitz eines gesamten Straßenzuges von Vorteil ist. Dadurch wird der Handel nicht komplett umgangen.


Es gibt bei Monopoly zwei weitere Faktoren, die auf krasse Weise Ungleichheit verstärken und den Spielverlauf häufig sehr schnell unumkehrbar machen: Schuldner sind oft gezwungen, ihre Häuser abzubauen, und im nächsten Schritt müssen sie ihre Grundstücke mit Hypotheken belasten. In der Folge erhält der Spieler deutlich weniger oder sogar gar keine Miete mehr - er hat also kaum eine Chance, aus den Schulden wieder herauszukommen. Um diesen Effekt abzuschwächen, schlage ich mehrere Änderungen vor:

Regel-Änderung 2: Häuser werden nie abgebaut, können dafür aber auch mit Hypotheken belastet werden. Der Hypothekenwert eines Grundstücks ist immer 50% seines Gesamtwerts (=nomineller Kaufpreis + Kaufpreis bestehender Häuser). Zusätzliche Häuser dürfen aber nur auf Hypotheken-freien Grundstücken gebaut werden. Auch wenn ein Grundstück den Besitzer wechselt (durch ein Tauschgeschäft oder eine Insolvenz) oder (bei einer Insolvenz) an die Bank zurückgeht, bleibt die Bebauung bestehen.

Regel-Änderung 3: Bei Versteigerungen von Grundstücken muss das erste Gebot mindestens dem Gesamtwert des Grundstücks entsprechen.

Regel-Änderung 4: Auch auf mit Hypotheken belasteten Grundstücken ist Miete fällig.

Regel-Änderung 5: Die Zinsen einer Hypothek (10% der Hypothek) sind nicht nur beim Begleichen derselben fällig, sondern auch immer dann, wenn der Spieler das Feld "Los" betritt oder überschreitet.

Regel-Änderung 6: Die Zinsen einer Hypothek sind (anders als in den offiziellen Regeln) nicht sofort fällig, wenn ein Grundstück den Besitzer wechselt und der neue Besitzer nicht sofort die Hypothek begleicht.

Es dürfte offensichtlich sein, dass die Regel-Änderungen 2, 4 und 5 die wesentlichen Punkte enthalten, während die anderen eher einen Reparatur-Charakter haben. Ohne Regel-Änderung 3 könnte eine Insolvenz mit der Bank als Gläubiger leicht dazu führen, dass ein Spieler für sehr wenig Geld mehrere äußerst wertvolle Grundstücke bekommt. Durch Regel-Änderung 6 wird der denkbare Fall einer gleichzeitigen Insolvenz zweier Spieler ausgeschlossen.

Durch die vorgeschlagenen Änderungen bekommt Monopoly eine neue Dynamik. Die Spieler können deutlich größere Summen Bargeld in Umlauf bringen, ohne dadurch auf ihre Einnahmen zu verzichten. Somit kann die Option, Hypotheken aufzunehmen, auch als Risikoentscheidung eingesetzt werden (während sie bisher nur der letzte Ausweg ist). Allerdings ist dies mit einem gewissen Risiko verbunden, weil durch die höheren Kredite eben auch größere Zinsen anfallen. Im Extremfall kann die Insolvenz eines Spielers sogar leicht verzögert die Insolvenz seines Gläubigers nach sich ziehen. Zusätzlich vergrößert sich aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass Spieler ein Interesse haben, die Insolvenz eines anderen Spielers durch ein Tauschgeschäft zu verhindern - denn die Konkursmasse eines Pleitiers hat unter Umständen einen hohen Wert, den ich meinem Konkurrenten nicht gönne.

Ich habe diese Regel-Änderungen bisher nicht getestet, will das aber bald tun. Ich bin sehr gespannt, ob meine Vermutungen sich bestätigen oder ob die Varianten neue Probleme mit sich bringen. Ob das Spiel dadurch wirklich weniger kapitalistisch oder sogar gerade noch kapitalistischer wird, wird sich bei den Testrunden ja vielleicht zeigen. Dass eine Partie in einer Schuldenkrise endet, ist jedenfalls durchaus möglich.